Urteil: Blindenstock ersetzt keinen Blindenhund
Krankenkassen gehen davon aus, dass ein Mensch mit einer Erblindung entweder Anspruch auf einen Blindenstock oder auf einen Blindenführhund hat. Beides möchten sie nicht zahlen. Deshalb hatte die Kasse einer alleinstehenden Frau, die durch eine Erkrankung erblindet war, zwar einen Blindenstock und ein Lesegerät, nicht aber den beantragten Blindenführhund genehmigt.
Die blinde Frau klagte sich ihr Recht jedoch ein. Zunächst entschied das Sozialgericht Koblenz, dass die Versicherte entgegen der Ansicht der Kasse Anspruch auf Blindenstock und Blindenführhund hat.
Gegen diese Entscheidung ging die Krankenkasse vor dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in Berufung. Der 5. Senat des Landessozialgerichts bestätigte jedoch die Entscheidung der Koblenzer Richter. Aus Sicht der Richter haben blinde Menschen unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf einen Blindenführhund, selbst dann, wenn die Krankenkasse ihnen bereits einen Blindenstock bezahlt hat. Voraussetzung für den Anspruch ist jedoch, dass der Blindenhund deutliche Vorteile gegenüber dem Blindenstock biete.
Der Standpunkt der Kasse mag nicht verwundern, wenn man bedenkt, dass ein Blindenstock in bester Ausführung um die 200 € kostet. Ein Blindenführhund schlägt dagegen mit 18.000 € bis 20.000 € zu Buche. Während der Blindenstock lediglich der Orientierung dient, etwa an der Gehwegkante ermöglicht der ausgebildete Führhund dem blinden Halter ein hohes Maß an individueller Mobilität. Der Blindenführhund bietet dem Blinden zudem ein hohes Maß an Sicherheit und Unabhängigkeit. Damit trägt er entscheidend zur gesellschaftlichen Integration des blinden Menschen bei. An die Genehmigung des Blindenführhundes sind bestimmte Voraussetzungen geknüpft, bspw. im Hinblick auf die Unterbringung des Hundes und das Zusammenwirken von blindem Mensch und Hund.
Hinweis: Das Urteil ist unter dem folgenden Aktenzeichen zu finden: L 5 KR 99 / 13.
Hilfreiche Informationen zum Thema Blindenführhund finden Sie auf der Seite des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e. V.
Urteil: Eine ambulant betreute Familien-WG ist möglich
Seit der letzten Pflegereform gibt es für ambulant betreute Wohngemeinschaften (WG) pflegebedürftiger Menschen besondere Vorteile. Neben einem Gründungszuschuss von 2.500 € pro Person (max. 10.000 €) können die Pflegebedürftigen der WG monatlich pro Person 200 € zusätzlich für die eigenverantwortliche Organisation der WG und Sicherstellung der Pflege in der WG in Anspruch nehmen.
Allerdings müssen sie dazu mindestens eine Pflegekraft als Präsenzkraft beschäftigen, die pflegerische und verwaltende Tätigkeiten verrichtet.
Das Sozialgericht Münster hat im Januar festgestellt, dass eine solche WG zum Zweck der gemeinschaftlichen Organisation der pflegerischen Versorgung auch bestehen kann, wenn mindestens drei pflegebedürftige Familienangehörige dort zusammen wohnen.
Hinweis: Das Urteil ist vom 17.01.2014. Sie finden es unter dem Az.: S 6 P 166 / 13)
Urteil: Fehlende Patientenverfügung und mutmaßlicher Patientenwille
Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg musste sich mit einem schwierigen Fall beschäftigen:
Ein Patient mit mehreren Grunderkrankungen erkrankte zusätzlich akut an einem Wachkoma. Die Ärzte mussten nun entscheiden, ob der Patient, der keine Patientenverfügung hatte, intensivmedizinisch behandelt werden sollte oder nur pflegerisch.
Für diese Entscheidung muss wegen der fehlenden Verfügung von den behandelnden Ärzten der mutmaßliche Patientenwille ermittelt werden. Zudem sollten die aus dem mutmaßlichen Willen resultierenden Handlungen im Einvernehmen mit den nächsten Angehörigen erfolgen.
Das Urteil des OLG Naumburg zeigt, wie wichtig, eine Patientenverfügung für jeden Einzelnen ist. Denn die Richter entschieden, dass, wenn mit den nächsten Angehörigen kein Konsens gefunden werden kann, eine bereits begonnene Therapie der Akuterkrankung (hier des Wachkomas) mit allem, was dazu notwendig ist, weiter geführt werden muss.
Hinweis: Das Urteil hat das Az.: 1 U 118/11. Das Urteil finden Sie unter dem folgenden Link: www.jurion.de
Urteil: Sozialamt muss Hausnotruf finanzieren
Ist aufgrund einer Behinderung ein Hausnotrufsystem erforderlich, muss auch der zuständige Sozialhilfeträger die Kosten vollständig übernehmen. Eine nur anteilige Finanzierung, wie sie das Sozialamt Wiesbaden vorhatte, ist nicht zulässig. So entschied das Sozialgericht Wiesbaden diesen Juni.
Die Klägerin ist Bewohnerin einer Einrichtung des „Betreuten Wohnens“ in Wiesbaden. Sie erhält vom Sozialhilfeträger Leistungen der Eingliederungshilfe. Eine Pflegestufe nach den Kriterien des § 14 SGB XI erreichte sie nicht. In diesem Urteil zugrundeliegenden Streitfall gab es grundsätzlich Einigkeit darüber, dass die Klägerin wegen ihrer Behinderung ein Notrufsystem benötigt. Nur mit diesem System ist es ihr möglich, bei einem Notfall jederzeit einen Kontakt zum Rettungsdienst herstellen zu können.
Das zuständige Sozialamt der Stadt Wiesbaden war jedoch der Ansicht, dass die Klägerin nur Anspruch auf die Grundgebühr des Hausnotrufsystems habe. Zusätzliche, kostenpflichtige Leistungen des Notrufanbieters, die über das Rufen von Hilfe hinausgehen, wie etwa die Hinterlegung eines Haustürschlüssels, wollte die Behörde nicht erstatten.
Aus Sicht des Sozialgerichts fehlte jedoch die gesetzliche Grundlage, um die Kosten einer Notrufeinrichtung in der beabsichtigten Form aufzuteilen. Die Richter des Sozialgerichts Wiesbaden gaben der Klägerin daher Recht. Weil die Notrufschaltung behinderungsbedingt erforderlich ist und kein anderer Kostenträger infrage kommt, muss sie vom Sozialhilfeträger auch vollständig finanziert werden. Erstattet werden muss daher die Gesamtgebühr von – in diesem Fall – 34,77 €. Hierin ist eine zusätzliche Gebühr für das Vorhalten des Wohnungsschlüssels für eine entsprechende Rettungsmöglichkeit enthalten.
Hinweis: Das Urteil wurde am 12.06.2014 vom Sozialgericht Wiesbaden unter dem Az.: S 30 SO 172/11 gesprochen.
Urteil: Kürzung des Heimentgelts nur mit Ankündigung
Wenn die Pflege im Heim schlecht erbracht wird, kann der Bewohner bzw. sein Bevollmächtigter oder gesetzlicher Betreuer ein Minderungsrecht geltend machen (§10 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz [WBVG]). Eine wichtige Voraussetzung ist jedoch, dass die Absicht, das Heimentgelt zu kürzen vom Bewohner oder seinem Vertreter rechtzeitig und ausdrücklich erklärt wurde.
Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zu verhandeln. Geklärt werden sollte, ob eine Heimbewohnerin ein Minderungsrecht hatte, weil angeblich eine unzureichende Personalausstattung bestand. Das Landgericht (LG) Frankfurt verneinte dies. Die Schlechterfüllung des Heimvertrags muss ausreichend darlegt werden. Dies fehlte nach Ansicht der Richter im verhandelten Fall. Es sei bspw. nicht beschrieben dargelegt worden, welche Pflichten wann konkret verletzt wurden. Die Heimbewohnerin rief die nächste Instanz, das OLG Frankfurt an.
Das OLG Frankfurt bestätigte die Entscheidung des LG. Dazu führte es aus, dass einem Heimbewohner zwar gemäß § 10 Abs. 1 WBVG wegen mangelhafter Pflegeleistungen ein Kürzungsrecht zustehe. Allerdings entstehe dieses Kürzungsrecht nicht, wie etwa im Mietrecht, automatisch. Vielmehr müsse die Kürzungsabsicht dem Heim vorher ausdrücklich und rechtzeitig mitgeteilt werden. Dies könne entweder schriftlich oder auch mündlich erfolgen. Eine Kürzung des Heimentgelts sei für maximal die letzten sechs Monate möglich. Mängel vor diesem Zeitraum sind vom Kürzungsrecht ausgeschlossen.
In dem verhandelten Fall sei das Kürzungsverlangen weder schriftlich noch mündlich erklärt worden. Darüber hinaus hatten die angegebenen Mängel länger als sechs Monate zurückgelegen.
Hinweis: Sollten Sie mit den Leistungen in einem Pflegeheim unzufrieden sein, müssen Sie innerhalb von sechs Monaten handeln, um das Heimentgelt ab Beginn Ihrer Unzufriedenheit kürzen zu können. Zudem gilt: versäumen Sie es, den Träger (bzw. die Heimleitung) auf ihr Kürzungsverlangen hinzuweisen, schließt das Ihr Minderungsrecht nach § 10 WBVG aus (OLG Frankfurt 1 U 153/12).
Urteil: Umbau des Einfamilienhauses kann außergewöhnliche Belastung sein
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass ein Mensch mit Behinderung die Kosten für Umbauten seines Einfamilienhauses als außergewöhnliche Belastungen absetzen kann. Voraussetzung ist, dass diese Umbauten dazu führen, dass der behinderte Mensch dadurch in seinem Haus wohnen bleiben kann.
Geurteilt wurede in einem Fall, bei dem ein Mann durch einen Unfall so schwer gehbehindert wurde, dass das Bedazimmer behindertengerecht umgebaut werden musste. Zudem musste aus einem Arbeitszimmer im Erdgeschoss ein Schlafzimmer gemacht werden. Die Umbauten kosteten rund 70.000 €.
Das zuständige Finanzamt erkannte hier nur Behindertenpauschbetrag von 4.624 € als absetzbar an. In der 1. Instanz schloss sich das hessische Finanzgericht der Sichtweise des Finanzamtes an. Es begründete sein Urteil damit, dass das Haus durch den Umbau an Wihnwert gewonnen hätte.
Der BFH sah den Zuwachs im Wiohnwert keinen Grund, die Umbaukosten nicht als Krankheitskosten anzuerkennen. Es müsse lediglich ein zumutbarer Eigenanteil abgezogen werden, der zwischen 2 bis 7 % der zu versteuernden Gesamteinkünfte liegt. Der Rest sei voll anzuerkennen.
Hinweis: Das Urteil finden Sie unter dem folgenden Link: www2.bfhurteile.de
Schuld an Infektion im Krankenhaus muss der Patient beweisen
Wenn ein Patient im Krankenhaus eine Infektion erleidet, muss er eine fehlerhafte Behandlung oder ein schuldhaftes Verhalten des Krankenhauspersonals nachweisen, um eine Entschädigung zu erhalten. Denn für einen Richter am Landgericht Koblenz ist eine Infektion kein grundsätzliches Anzeichen eines Behandlungsfehlers.
Auch im Krankenhaus sei eine völlige Keimfreiheit nicht erreichbar. Weder aus dem Patientenrechtegesetz noch aus dem Infektionsschutzgesetz ließen sich Beweiserleichterungen für den Betroffenen ableiten. Deshalb läge die Beweislast beim betroffenen Patienten und nicht bei den Behandelnden.
Hinweis: Wenn die Hygiene- und Präventionsempfehlungen des Robert-Koch-Instituts im Krankenhaus eingehalten wurden, gilt die Vermutung, dass der Stand der medizinischen Wissenschaft eingehalten wurde.
Anspruch des Pflegeheimbewohners auf Einsicht in die Pflegeunterlagen BGH, 26. Februar 2013 – Az. VI ZR 359/11
a) Der Anspruch des Pflegeheimbewohners auf Einsicht in die Pflegeunterlagen geht gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 401 Abs. 1 analog, § 412 BGB auf den – aufgrund des Schadensereignisses zu kongruenten Sozialleistungen verpflichteten – Sozialversicherungsträger über, wenn und soweit mit seiner Hilfe das Bestehen von Schadensersatzansprüchen geklärt werden soll und die den Altenpflegern obliegende Pflicht zur Verschwiegenheit einem Gläubigerwechsel nicht entgegensteht.
b) Die Pflicht zur Verschwiegenheit steht einem Gläubigerwechsel in der Regel nicht entgegen, wenn eine Einwilligung des Heimbewohners in die Einsichtnahme der über ihn geführten Pflegedokumentation durch den Sozialversicherungsträger vorliegt oder zumindest sein vermutetes Einverständnis anzunehmen ist, soweit einer ausdrücklichen Befreiung von der Schweigepflicht Hindernisse entgegenstehen.
c) Es wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die Offenlegung der Pflegedokumentation gegenüber dem Krankenversicherer dem mutmaßlichen Willen des verstorbenen Heimbewohners entspricht, wenn die Entbindung von der Schweigepflicht dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung von Betreuungspflichten des Altenpflegepersonals ermöglichen soll.
Tenor
Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. November 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung, nimmt den beklagten Heimträger aus übergegangenem Recht einer bei ihr versicherten Heimbewohnerin auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumentation in Anspruch.
Die Versicherte zog sich bei einem Sturz in dem von der Beklagten betriebenen Pflegeheim am 13. April 2009 erhebliche Verletzungen zu. Wegen dieser Verletzungen wurde sie stationär in einem Krankenhaus aufgenommen und ärztlich behandelt. Sie verstarb am 4. Mai 2009. Die für ihre Behandlung und für die Krankenhauspflege entstandenen Kosten in Höhe von 3.182,03 € wurden von der Klägerin getragen. Um die Berechtigung eventueller auf sie 1 gemäß § 116 SGB X übergegangener Schadensersatzansprüche prüfen zu können, forderte die Klägerin die Beklagte auf, ihr Kopien der über die Versicherte geführten Pflegedokumentation zu überlassen. Die Beklagte lehnte dies ab.
Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, der Klägerin Kopien der vollständigen Pflegedokumentation über den Aufenthalt der Versicherten für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 13. April 2009 Zug um Zug gegen Erstattung angemessener Kopierkosten herauszugeben, und festgestellt, dass sich die Beklagte insoweit in Annahmeverzug befindet. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Gründe
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Anspruch der am 4. Mai 2009 verstorbenen Versicherten auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumentation gemäß § 116 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 401 Abs. 1 analog, § 412 BGB auf die Klägerin übergegangen. Zwar habe die Versicherte die Beklagte nicht von der Pflicht zur Verschwiegenheit entbunden. Da sich die Versicherte aufgrund ihres Ablebens mit der Einsichtnahme in die Pflegedokumentation durch die Klägerin nicht mehr einverstanden erklären könne, genüge aber ihre mutmaßliche Einwilligung. Von einer solchen sei vorliegend auszugehen. Zwar komme der Wahrung des Berufsgeheimnisses der Vorrang zu, soweit von der Schweigepflicht her ernstliche Bedenken gegen eine Einsichtnahme in die Dokumentation bestünden. Aus diesem Grund habe der Heimbetreiber gewissen-3 haft zu prüfen, ob Anhaltspunkte dafür gegeben seien, dass die Verstorbene die Offenlegung der Pflegedokumentation gegenüber ihrer Krankenkasse mutmaßlich gebilligt haben würde. Hierbei sei allerdings zu berücksichtigen, dass das Interesse des Verstorbenen an der Geheimhaltung mit seinem Tode erloschen sein könne und sachfremde, weil nicht von der erkennbar gewordenen oder zu vermutenden Willensrichtung des Verstorbenen gedeckte Gründe eine Verweigerung der Einsicht nicht rechtfertigen könnten. Dazu gehöre in der Regel auch die Befürchtung, dass durch die Einsichtnahme eigenes oder zurechenbares fremdes Verschulden aufgedeckt werden könne. In Fällen wie dem vorliegenden könne nur ausnahmsweise von einem Geheimhaltungswunsch des Heimbewohners ausgegangen werden. Der Heimbetreiber müsse deshalb darlegen, dass und unter welchen allgemeinen Gesichtspunkten er sich durch die Schweigepflicht an der Offenbarung der Unterlagen gehindert sehe. Diesen Anforderungen genüge der Beklagtenvortrag nicht. Die Beklagte habe lediglich eine Vielzahl grundsätzlicher, insbesondere verfassungsrechtlicher Bedenken erhoben. Sie habe hingegen nicht dargelegt, dass sich ihre Weigerung auf konkrete oder mutmaßliche Belange der Verstorbenen stütze. Die Klägerin habe ihr Einsichtsbegehren auch auf einen angemessenen Zeitraum vor dem Ableben begrenzt.
II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht ihrer Versicherten ein Anspruch auf Herausgabe von Kopien der diese betreffenden Pflegedokumentation für den geltend gemachten Zeitraum zusteht. 5 1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Versicherte zu Lebzeiten einen Anspruch gegen die Beklagte auf Einsicht in die über sie geführte Pflegedokumentation hatte. Diese Beurteilung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats steht dem Heimbewohner grundsätzlich ein Einsichtsrecht in die ihn betreffende Pflegedokumentation als Nebenanspruch aus dem Heimvertrag zu (Senatsurteile vom 23. März 2010 – VI ZR 249/08, BGHZ 185, 74 Rn. 12; vom 23. März 2010 – , Rn. 11; vgl. auch Harsdorf-Gebhardt, PflR 1999, 252 ff.; Jaeger, MedR 2010, 856; Lauterbach, NJ 2010, 347; Roßbruch, PflR 2010, 257, 262; Schultze-Zeu, VersR 2011, 194 ff.; Schumann, WzS 2010, 261 ff.). Dieser zusätzliche Vertragsanspruch beruht auf der Ausstrahlungswirkung des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG auf die vertragliche Beziehung zwischen Heimbewohner und Heimträger (vgl. BVerfG, ; GRUR-RR 2011, 217, 218; Rn. 19, jeweils mwN). Das Recht auf Selbstbestimmung und die personale Würde des Heimbewohners gebieten es, ihm grundsätzlich einen Anspruch einzuräumen, sich über den Inhalt der ihn betreffenden Pflegedokumentation zu informieren. Denn die Pflegeunterlagen mit ihren Angaben über die Pflegeanamnese, Pflegeplanung, Pflegeverlauf und ärztliche Verordnungen betreffen den Pflegebedürftigen unmittelbar in seiner Privatsphäre (vgl. Senatsurteile vom 23. März 2010 – VI ZR 249/08, BGHZ 185, 74 Rn. 12; vom 23. März 2010 – , Rn. 11; zur Einsichtnahme in Krankenunterlagen: BVerfG, MedR 1999, 180; ). Deshalb hat dieser generell ein geschütztes Interesse daran, zu erfahren, wie mit ihm umgegangen wurde und welche Daten sich dabei ergeben haben. Zur Einsicht in die Pflegedokumentation muss er insbesondere kein besonderes Interesse darlegen; dieses ergibt sich vielmehr – wie beim Recht des Patienten auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen (vgl. Senatsurteile vom 2. Oktober 1984 – , f.; 6 vom 6. Dezember 1988 – , , 148; BVerfG, ) – unmittelbar aus seinem Selbstbestimmungsrecht (vgl. Kasseler Kommentar/Kater, Sozialversicherungsrecht, § 116 SGB X Rn. 161a, (Stand: Juni 2012); Roßbruch, PflR 2010, 257, 262; Schultze-Zeu, VersR 2011, 194, 195; a.A. Harsdorf-Gebhardt, aaO, S. 253, 256).
2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass der Einsichtsanspruch der Versicherten kraft Gesetzes auf die Klägerin übergegangen ist.
a) Der erkennende Senat hat mit Urteilen vom 23. März 2010 entschieden, dass der Anspruch des Pflegeheimbewohners auf Einsicht in die Pflegeunterlagen gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 401 Abs. 1 analog, § 412 BGB auf den – aufgrund des Schadensereignisses zu kongruenten Sozialleistungen verpflichteten – Sozialversicherungsträger übergeht, wenn und soweit mit seiner Hilfe das Bestehen von Schadensersatzansprüchen geklärt werden soll und die Altenpflegern obliegende Pflicht zur Verschwiegenheit einem Gläubigerwechsel nicht entgegensteht. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn eine Einwilligung des Heimbewohners in die Einsichtnahme der über ihn geführten Pflegedokumentation durch den Sozialversicherungsträger vorliegt oder zumindest sein vermutetes Einverständnis anzunehmen ist, soweit einer ausdrücklichen Befreiung von der Schweigepflicht Hindernisse entgegenstehen (vgl. Senatsurteile vom 23. März 2010 – VI ZR 249/08, BGHZ 185, 74 Rn. 14 ff., und – , Rn. 13 ff.). Diese Entscheidungen haben in der Literatur weitgehend Zustimmung erfahren (vgl. Peters-Lange in jurisPK-SGB X, 2013, § 116 SGB X, Rn. 86; Kasseler Kommentar/Kater, aaO; Didong in jurisPK-SGB V, 2. Aufl., § 294a SGB V Rn. 7; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 401 Rn. 4; Lauterbach, NJ 2010, 347; Roßbruch, PflR 2010, 257 ff.; Schultze-Zeu, VersR 2011, 194 ff.; Alberts/Human in Berg-7 mann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, 2012, § 810 BGB Rn. 13; a.A. Pregartbauer/Pregartbauer, VersR 2010, 973 ff.). Sie werden auch von der Revision nicht in Frage gestellt.
b) Die Versicherte konnte aufgrund ihres Ablebens die Beklagte bzw. die sie betreuenden Altenpfleger nicht mehr von der – sowohl aus dem Heimvertrag als auch aus § 203 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 StGB (vgl. §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AltenpflegeG; OLG Hamm, Rn. 42 f.; Lenckner/Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 203 Rn. 35 mwN) abzuleitenden – Pflicht zur Verschwiegenheit befreien.
c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Versicherte wäre mit einer Einsichtnahme der Klägerin in die über sie geführte Pflegedokumentation mutmaßlich einverstanden gewesen.
aa) Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, reicht die Pflicht zur Verschwiegenheit grundsätzlich über den Tod des Betroffenen hinaus (vgl. § 203 Abs. 4 StGB); sie gewährleistet damit, dass geheimhaltungsbedürftige Tatsachen aus seinem Lebensbereich auch nach seinem Ableben nicht oder jedenfalls nicht weiter als nötig aufgedeckt werden (Senatsurteil vom 31. Mai 1983 – , , 836; BGH, Beschluss vom 4. Juli 1984 – , , 398). Auch nach dem Tode hängt es in erster Linie vom Willen des Verstorbenen ab, ob und in welchem Umfang der Geheimnisträger zum Schweigen verpflichtet ist. Hat der Verstorbene sich hierüber zu Lebzeiten geäußert, dann ist grundsätzlich dieser Wille maßgebend. Lässt sich dagegen eine Willensäußerung des Verstorbenen nicht feststellen, muss sein mutmaßlicher Wille erforscht, also geprüft werden, ob er die Offenlegung durch den Geheimnisträger mutmaßlich gebilligt oder missbilligt haben würde. Dabei sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichti-9 gen, insbesondere das Anliegen der Einsicht begehrenden Person sowie der Umstand, dass frühere Geheimhaltungswünsche des Betroffenen infolge der durch sein Ableben veränderten Sachlage inzwischen überholt sein können. Von der erkennbar gewordenen oder zu vermutenden Willensrichtung des Heimbewohners nicht gedeckte Verweigerungsgründe sind sachfremd und daher unbeachtlich (vgl. zum Ganzen: Senatsurteil vom 31. Mai 1983 – , , 836; BGH, Beschluss vom 4. Juli 1984 – , , 399; BayObLG, ; VerfGH Bayern, , 52; BAG, Rn. 13; OLG München, ; , 983; Fellner, MDR 2011, 1452; vgl. auch § 630g Abs. 3 Satz 3 BGB in der Fassung von Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patienten und Patientinnen vom 20. Februar 2013, BGBl. I S. 277).
bb) Die Entscheidung, ob der Verstorbene den Heimträger bzw. die ihn betreuenden Altenpfleger mutmaßlich von der Pflicht zur Verschwiegenheit entbunden hätte, obliegt dem (jeweiligen) Geheimnisträger. Ihm kommt insoweit ein Beurteilungsspielraum zu, der durch die Gerichte nur eingeschränkt nachprüfbar ist. Denn andernfalls wäre er gezwungen, das möglicherweise schutzbedürftige Geheimnis preiszugeben. Der Geheimnisträger ist deshalb zu einer gewissenhaften Überprüfung verpflichtet, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verstorbene die ganze oder teilweise Offenlegung der Pflegeunterlagen gegenüber seinen Rechtsnachfolgern mutmaßlich missbilligt haben würde. Um dem Gericht eine Überprüfung zu ermöglichen, ob der Geheimnisträger den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum eingehalten hat, hat der Geheimnisträger allerdings darzulegen, unter welchen allgemeinen Gesichtspunkten er sich durch die Schweigepflicht an der Offenlegung der Unterlagen gehindert sieht. Dabei genügt es nicht, wenn er sich nur auf grundsätzliche Erwägungen oder die besondere Bedeutung der Pflicht zur Verschwiegenheit beruft. Vielmehr muss er nachvollziehbar vortragen, dass sich seine Weigerung auf kon-12 krete oder mutmaßliche Belange des Verstorbenen und nicht auf sachfremde Gesichtspunkte stützt. Die Substantiierung ist allerdings nicht in einem Umfang geschuldet, dass die damit zu rechtfertigende Geheimhaltung im Ergebnis unterlaufen würde (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 1983 – , , 836; BGH, Beschluss vom 4. Juli 1984 – , , 399 f.; BayObLG, , 1493; VerfGH Bayern, , 52; OLG München, ; , 983; Wenzel/Müller, Der Arzthaftungsprozess, Rn. 1637; Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 12. Aufl. Rn. 563; Schultze-Zeu, VersR 2009, 1050, 1052; Lauterbach, NJ 2010, 347; Fellner, MDR 2011, 1452; Katzenmeier in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 6. Aufl., Kap. IX Rn. 19 Fn. 29, Rn. 63 ff.). Sofern die von dem Geheimnisträger in diesem Rahmen angeführten Gründe nicht nachvollzogen werden und eine Weigerung nicht rechtfertigen können, ist von einer mutmaßlichen Einwilligung in die Offenlegung der Unterlagen auszugehen (vgl. BayObLG, , 1493; OLG München, ; , 983).
cc) In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Entbindung von der Schweigepflicht dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung von Betreuungspflichten des Altenpflegepersonals ermöglichen soll, wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die Offenlegung der Unterlagen gegenüber dem Krankenversicherer dem mutmaßlichen Willen des verstorbenen Heimbewohners entspricht (so auch OLG München, ; Fellner, MDR 2011, 1452, 1453; Lauterbach, NJ 2010, 347; Schultze-Zeu, VersR 2009, 1050, 1052; Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 12. Aufl., Rn. 563; Alberts/Human in Bergmann/Pauge/Steinmeyer, aaO). Es ist davon auszugehen, dass der Bewohner eines Altenpflegeheims, der im Heim zu Schaden gekommen ist, sowohl an der Aufdeckung von Pflegefehlern als auch daran interessiert ist, dass etwaige gegen den Heimträger bestehende Schadensersatzansprüche von diesem ausge-13 glichen werden und nicht zu Lasten der Solidargemeinschaft der Krankenversicherten gehen (vgl. OLG München, ; Fellner, MDR 2011, 1452, 1453; Lauterbach, NJ 2010, 347). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ein nicht unerheblicher Teil der in der Pflegedokumentation enthaltenen sensiblen Gesundheitsdaten seines Versicherten (ärztliche Diagnose, Behandlungsweise, Verordnungen) aufgrund der Erbringung von Leistungen bereits bekannt ist, so dass dessen Geheimhaltungsinteresse entsprechend reduziert ist (vgl. zur Datenübermittlung von den Leistungserbringern an die Krankenkassen: §§ 106, 106a Abs. 1, 3, §§ 275, 277, 284, 294 ff., 301 SGB V sowie ; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 16, Rn. 18 ff.; Katzenmeier in Laufs/Katzenmeier/Lipp, aaO, Rn. 21).
dd) Nach diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht zu Recht von einer mutmaßlichen Einwilligung der Versicherten in die Überlassung von Kopien ihrer Pflegeunterlagen an die Klägerin ausgegangen. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hat die Beklagte keine Tatsachen vorgetragen, die ihre ablehnende Entscheidung nachvollziehbar erscheinen lassen, sondern ihre Weigerung lediglich auf nicht ausreichende grundsätzliche Bedenken gestützt.
Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz Vorinstanzen:
AG Böblingen, Entscheidung vom 22.11.2010 – –
LG Stuttgart, Entscheidung vom 23.11.2011 – –
Erziehungskostenanteil des für ein Pflegekind gewährten Pflegegeldes ist Einkommen – OLG Bremen, 8. Februar 2013 – Az. 4 WF 22/13
Der Erziehungskostenanteil des für ein Pflegekind nach §§ 27, 33, 39 SGB VIII gewährten Pflegegeldes ist Einkommen im Sinne des § 115 ZPO.
Einsender: ROLG Dr. Gabriele Röfer
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bremen vom 21.09.2012 dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner auf die Kosten des Verfahrens Raten in Höhe von 60 € monatlich, beginnend mit dem 1. März 2013, zu zahlen hat. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Das Amtsgericht – Familiengericht – Bremen hat mit Beschluss vom 12.09.2012 dem Antragsgegner ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für die erste Instanz unter Beiordnung von Rechtsanwältin […] bewilligt. Gegen diesen ihr durch Übersendung der Akte am 10.10.2012 übermittelten Beschluss hat die Bezirksrevisorin des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen in Vertretung der Staatskasse am 16.10.2012 sofortige Beschwerde eingelegt. Nach ihrer Auffassung ist der Antragsgegner in der Lage, sich an den Verfahrenskosten durch monatliche Ratenzahlungen zu beteiligen. Hinsichtlich der Ratenhöhe ist sie in der Beschwerdeschrift vom 12.10.2012 noch von Monatsraten von 135 € ausgegangen. Nach Vorlage des Bescheides der Stadt D. vom 30.03.2011, wonach dem Antragsgegner für das Pflegekind Hagen Hilfe zur Erziehung (sog. Pflegegeld) von insgesamt 725 € gewährt wird (Bl. 34 VKH-Heft), hat die Bezirksrevisorin beantragt, die Ratenzahlungen mit 95 € pro Monat festzusetzen. Wegen der Berechnung wird auf das Schreiben der Bezirksrevisorin vom 11.01.2013 verwiesen (Bl. 35 VKH-Heft). Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde unter Hinweis auf den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 27.04.2012 () nicht abgeholfen.
II.
Die statthafte (§§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 127 Abs. 3 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet. Nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ist der Antragsgegner zur Zahlung von Raten auf die Verfahrenskosten in der Lage. Allerdings ist die Monatsrate nach § 115 Abs. 2 ZPO nicht auf 95 €, sondern nur auf 60 € festzusetzen.
Die Beschwerdeführerin hat zu Recht ausgeführt, dass die dem Antragsgegner für das Pflegekind X. gewährte Hilfe zur Erziehung – auch Pflegegeld genannt – nach §§ 27, 33, 39 SGB VIII in Höhe des sog. Erziehungsbeitrags von 220 € als Einkommen anzurechnen ist. Dies entspricht ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung (Hans. OLG Bremen, ; OLG Karlsruhe, ; OLG Nürnberg, ; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 32. Aufl., § 115 Rn. 3; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 115 Rn. 17). Entgegen der vom Amtsgericht in dem Nichtabhilfebeschluss vertretenen Auffassung ist das nach den §§ 27, 33, 39 SGB VIII gewährte sog. Pflegegeld nicht mit einem nach § 37 SGB XI gewährten Pflegegeld gleich zu setzen. Die Ausführungen des 5. Senats des OLG Bremen in seinem Beschluss vom 27.04.2012 () betreffen ausschließlich das nach § 37 SGB XI gewährte Pflegegeld, das nach zutreffender Ansicht des 5. Senats auch bei der Pflegeperson nicht als Einkommen i.S.d. § 115 Abs. 1 ZPO anzurechnen ist. Die Überlegungen des 5. Senats stützen sich insbesondere auf den in § 13 Abs. 5 und 6 SGB XI zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, das Pflegegeld sowohl dem Pflegebedürftigen als auch der Pflegeperson, die die häusliche Pflege unentgeltlich übernommen hat, möglichst ungeschmälert zu erhalten. Dahinter steht das sozialpolitische Anliegen, die häusliche Pflege zu fördern und die Pflegebereitschaft im häuslichen Bereich zu stärken (vgl. Hans. OLG Bremen, ). Derartige sozialpolitische Anliegen werden mit dem nach §§ 27, 33, 39 SGB VIII gewährten Pflegegeld nicht verfolgt. Dementsprechend fehlt es auch an einer dem § 13 Abs. 5 und 6 SGB XI entsprechenden gesetzlichen Regelung im SGB VIII. Der Senat bleibt daher bei seiner bereits im Beschluss vom 24.11.1997 () vertretenen Auffassung, dass der sog. Erziehungskostenanteil (im Bescheid der Stadt Duisburg als „Erziehungsbeitrag“ bezeichnet) des Pflegegeldes für ein Pflegekind, der ausschließlich ein Entgelt für die Kindesbetreuung darstellt, als nach § 115 ZPO einzusetzendes Einkommen anzurechnen ist. Hiervon im vorliegenden Fall eine Ausnahme zu machen, weil der Antragsgegner das Kind seiner früheren Ehefrau in Pflege genommen hat, wie der Amtsrichter im Nichtabhilfebeschluss meint, ist nicht geboten. Die Anrechnung des Erziehungskostenanteils als Einkommen i.S.d. § 115 ZPO kann schon aus Gründen der Gleichbehandlung nicht von vagen Kriterien wie dem persönlichen Verhältnis der Pflegeperson zum Pflegekind bzw. den Umständen, die zu seiner Aufnahme geführt haben, abhängig gemacht werden.
Die von der Bezirksrevisorin im Schreiben vom 11.01.2013 aufgestellte Berechnung enthält somit zu Recht den Erziehungskostenanteil in Höhe von 220 € als Einkommen des Antragsgegners. Sie berücksichtigt allerdings nicht die zum 01.01.2013 angehobenen Freibeträge für den Antragsgegner und die bei ihm lebenden Kinder. Durch die zum 01.01.2013 erfolgte Heraufsetzung des Erwerbstätigenfreibetrages von 187 € auf 201 €, des Freibetrages des Antragsgegners von 411 € auf 442 € und der Freibeträge der Kinder von 276 € auf 296 € erhöhen sich die Abzüge aufgrund der Freibeträge von 790 € auf 875 €. Unter Berücksichtigung der sonstigen Abzüge verbleibt von dem mit 2.736,81 € im Schreiben vom 11.01.2013 korrekt angesetzten Einkommen des Antragsgegners ein nach § 115 ZPO einzusetzendes Einkommen von 168,58 €. Dies führt gemäß § 115 Abs. 2 ZPO zu monatlichen Raten von 60 €.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).