SG Frankfurt (Oder), Gerichtsbescheid vom 08.05.2019 – S 49 SF 8/19
Im Namen des Volkes
Gerichtsbescheid
In dem Rechtsstreit
…
– Antragsteller –
gegen
Bundesbeauftragte für Datenschutz und die Informationsfreiheit,
Husarenstraße 30, 53117 Bonn,
– Antragsgegner –
hat die 49. Kammer des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) am 08. Mai 2019 durch … für Recht erkannt:
Tenor
Die Klage wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Kläger begehren von dem Beklagten im Klageweg ein Einschreiten gegen behauptete Datenrechtsverstöße des Jobcenters … um ihnen Auskunft über den Zugriff auf ihre Daten durch andere Stellen zu ermöglichen.
Der am … geborene Kläger zu 1), die am … geborene Klägerin zu 2) und ihr gemeinsamer Sohn, geboren am … bilden eine Bedarfsgemeinschaft und beziehen von dem Beklagte ergänzend Grundsicherungsleistungen nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Kläger hatten erstmalig am 17.01.2018 bei dem Beklagten eine rechtliche Überprüfung der Weigerung des Jobcenters auf Auskunftserteilung sowie Auskunft über ev. Empfänger von Datenübermittlungen (an Dritte) beantragt.
In der Folgezeit erfolgte eine umfangreiche Korrespondenz zwischen den Klägern, dem Jobcenter und dem Beklagten. Der Beklagte hatte nach einer eingeholten Stellungnahme des Jobcenters mit Schreiben vom 15.08.2018 den Klägern Hinweise erteilt und das Jobcenter mit Schreiben vom gleichen Tag auf die neue Rechtslage nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hingewiesen und auf den Anspruch der Kläger auf eine schriftliche oder elektronische Auskunftserteilung nach Art. 15 Abs. 3, 12 Abs. 1 DSGVO, wobei eine Einsichtnahme in die Akten nur auf Wunsch oder Vereinbarung erfolgen könne.
Das Jobcenter hatte den Klägern daraufhin einen EDV-Ausdruck ihrer Daten übermittelt, der mit dem Datum 04.11.2012 endete und von denen die Kläger davon ausgehen, dass diese falsche Daten enthalte und unvollständig sei.
Deswegen hatten sich die Kläger erneut an den Beklagten gewandt. Mit Schreiben vom 19.12.2018 hat der Beklagte die Kläger (wiederholt) darauf hingewiesen, dass sich ein Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 c DSGVO nicht auf die Mitarbeiter des Jobcenters selbst beziehe, weil diese Teil des Jobcenters sind und damit Teil des Verantwortlichen i.S. des Art. 4 N. 7 DSGVO.
Mit Schreiben vom 19.12.2018 legten die Kläger nunmehr dar, dass es sich nicht um Auskünfte über die Mitarbeiter des Jobcenters handele. Der Beklagte wies die Kläger zuletzt mit Schreiben vom 04.01.2019 darauf hin, dass sie grundsätzlich ihre Ansprüche auf Auskunft bei dem Jobcenter geltend machen müssten.
Mit der am 17.01.2019 bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen Klage begehren die Kläger ein weiteres Vorgehen des Beklagten gegen das Jobcenter.
Mit gerichtlichem Hinweis vom 27.02.2019 (Bl. 168 GA) wurden die Kläger darauf hingewiesen, dass die von ihnen erhobene Klage unzulässig ist.
Mit dem Schreiben vom 29.04.2019 tragen die Kläger vor, dass das Jobcenter (weiterhin) und neue – im einzelnen dargelegte – unwahre Tatsachen behaupte, die der Untersuchung bedürften. Ferner habe das Jobcenter auch ein neues Auskunftsersuchen nach Art. 15 DSGVO vom 13.03.2019 bislang nicht beantwortet.
Die Kläger beantragen (sinngemäß),
den Beklagten zu verurteilen, gegen die Datenrechtsverstöße des Jobcenters … einzuschreiten um ihnen Auskunft über den Zugriff auf ihre Daten durch andere Stellen zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu der Akte gereichten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen.
II.
Die Kammer durfte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu dieser Entscheidungsform zu äußern.
Die Klage ist bereits unzulässig, denn für das Begehren der Kläger fehlt es ungeachtet der Frage, ob hierfür das Sozialgericht funktional zuständig ist, an jedweder Anspruchsgrundlage.
Weder aus den Vorschriften des Sozialrechts (§§ 25, 83 SGB X) noch insbesondere aus der Datenschutz-Grundverordnung ist ein individueller Anspruch eines Bürgers gegen den Beklagten auf die Vornahme einer bestimmten Maßnahme herleitbar.
Zwar besteht aus Art 78 Absatz 2 DSGVO ein Klagerecht dem Grunde nach. Im Falle einer Beschwerde bei dem Beklagten nach § 77 DSGVO ist der Klagegrund indes beschränkt darauf, dass der Beklagte länger als drei Monate untätig geblieben sei mit der Mitteilung über das Ergebnis der Beschwerde. Dies ist hier jedoch weder Klagegegenstand, noch liegt oder lag eine dahingehende Untätigkeit vor.
Nach Art. 77 Abs. 1 DSGVO hat jede betroffene Person das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, wenn diese der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden Daten gegen die DSGVO verstößt. Der Beklagte ist aufgrund dieser Vorschrift alleine verpflichtet, sich mit einer Beschwerde zu befassen, soweit sie nicht offensichtlich unbegründet oder exzessiv ist und den Gegenstand der Beschwerde zu untersuchen und den Beschwerdeführer über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten. Eine weitergehende Verpflichtung besteht grundsätzlich nicht. In der Rechtsprechung wird daher das Beschwerderecht nach Art 77 DSGVO als Petitionsrecht verstanden, vgl. Beschluss des VG Berlin vom 28.01.2019, Az: VG 1 L 1.19.
Diesem Anspruch ist der Beklagte vollumfänglich nachgekommen. Eine Verurteilung zu einer aufsichtsrechtlichen Maßnahme gegen das Jobcenter kann das Gericht den Beklagten nicht verurteilen. Dies ist aus der DSGVO nicht herleitbar.
Auf das weitere Vorbringen der Kläger kommt es daher nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Streitwert für das Verfahren – da es sich nicht um ein privilegiertes Verfahren handelt, § 197a SGG – wird auf 5.000,00 € festgesetzt.