Kategorie: Pflegegrad

Weiterhin Sonderregelung bei der kurzfristigen Arbeitsbefreiung

Bei plötzlich aufgetretener Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen besteht ein Rechtsanspruch auf eine kurzfristige Arbeitsbefreiung von bis zu 10 Tagen. Dieser Anspruch wurde während der Pandemie auf 20 Tage erhöht.

Auch der Zahlungszeitraum des Pflegeunterstützungsgeldes, das beantragt werden kann, wurde entsprechend auf 20 Tage erhöht.

Diese Regelung gilt bis zum 31.12.2021.

Weitere Infos zu den pandemiebedingten Sonderregelungen finden Sie hier: carekonzept pflegeberatung

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Nutzen Sie einen Entlastungsdienst

Der Entlastungsbetrag von 125 € monatlich steht jedem Pflegebedürftigen mit einem Pflegegrad zu. Genutzt werden kann, er bspw. für niedrigschwellige Entlastungs- und Betreuungsdienste. Diese bieten sowohl Pflegedienste wie auch auf Entastung und Betreuung spezialisierte Dienste an. Mit dem Entastungsbetrag soll es Pflegebedürftigen ermöglicht werden, länger in der eigenen Wohnung zu leben. Er kann daher sowohl für den Pflegebedürftigen, etwa für Betreuungsleistungen, wie auch zur Entlastung der Pflegeperson eingesetzt werden.

Wichtiger Baustein bei der Entlastung von Angehörigen

Ziel der Entlastungs- und Betreuungsdienste ist es, pflegende Angehörige zeitlich zu entlasten und zu unterstützen. Als Angebote kommen infrage:

  • die stundenweise Betreuung und allgemeiner Beaufsichtigung des Pflegebedürftigen in seiner Wohnung und / oder im Rahmen von Betreuungsgruppen,
  • eine, die vorhandenen Fähigkeiten stärkende und stabilisierende Alltagsbegleitung,
  • Unterstützung der Pflegeperson bei der Bewältigung des Pflegealltags, etwa durch Beratung im Umgang mit herausforderndem Verhalten des Pflegebedürftigen,
  • Dienstleistungen und organisatorische Hilfestellungen, wie etwa Botengänge, Einkauf und hauswirtschaftliche Hilfen.

Darüber hinaus kann der Entlastungsbetrag auch genutzt werden, um bspw. den Eigenanteil bei der Tages- oder Kurzzeitpflege für Unterkunft und Verpflegung zu begleichen.

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Bis 31.03.2021 telefonische Begutachtungen möglich

Nun steht es fest: Die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit durch die Medizinischen Dienste kann bis zum 31.03.2021 auch ohne Hausbesuch beim Versicherten durchgeführt werden.

Voraussetzung für die telefonische Begutachtung oder Begutachtung nach Aktenlage ist ab dem 01.10.2020 allerdings, dass der Medizinische Dienst  ein zu hohes Ansteckungsrisiko beim Pflegebedürftigen oder dem Gutachter mit dem Coronavirus sieht.

Das heißt aber auch, dass wenn Sie oder Ihr Hausarzt ein zu hohes Ansteckungsrisiko sehen, Sie dies dem medizinischen Dienst mitteilen müssen.
Ein besonderes Risiko, sich mit COVID-19 zu infizieren, liegt laut Robert-Koch-Insitut (RKI) vor allem bei Personen vor, die an z. B. Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, Erkrankungen des Atmungssystems, der Leber, der Niere, Krebserkrankungen leiden, oder bei denen Faktoren wie Adipositas (Fettleibigkeit) und Rauchen zutreffen.

Auch für Patienten mit unterdrücktem Immunsystem etwa wegen einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht, oder wegen der Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr unterdrücken, wie z. B. Cortison, besteht ein höheres Risiko.

Zudem geht das RKI davon aus, dass ab dem 50. Lebensjahr das Risiko eines schweren Verlaufs mit dem Alter steigt.

Tipp: Weitere Infos erhalten Sie bspw. bei der Techniker Krankenkasse.

 

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Pandemiebedingte Änderungen in der Pflegeversicherung

Corona bestimmt mehr oder weniger unser aller Leben. Es  hat inzwischen einige Erleichterungen in der Pflegeversicherung gegeben, die der besonderen Situation rechnung tragen sollen. Nachfolgend erfahren Sie, worum es geht. Ich beginne mit den erfreulichen, für die meisten geltenden Neuerungen:

  1. Beratungsbesuche nach § 37 Abs. 3 SGB XI
    Die Fristen der Beratungsbesuche bei Beziehern von Pflegegeld wurden bis zum 30.09.2020 ausgesetzt.
    Das heißt, dass die Pflegekassen keine Kürzungen des Pflegegeldes, wie sie normalerweise im Gesetz vorgesehen sind, durchführen dürfen, wenn die Beratungsbesuche nicht durchgeführt werden.
    Die Pflegekassen sollten ihre Versicherten über diesen Sachverhalt zeitnah informieren. Durch meine Kund*innen habe ich jedoch erfahren, dass nicht alle Kassen dieser Vorgabe gefolgt sind.
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  2. Erhöhung der Pauschale für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel
    Die monatliche Pauschale für den Kauf von zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel wurde rückwirkend zum 1. April 2020 erhöht. Der monatliche Erstattungsbetrag wurde von normalerweise 40 € auf 60 € erhöht.
    Die höhere Pauschale von 60 € gilt zunächst bis zum 30.09. 2020.
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  3. Erleichterungen bei der Nutzung des Entlastungsbetrages
    Nur die Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 1 können den Entlastungsbetrag bis zum 30.09.2020 auch mit Nachbarschaftshelfern, die keinen Qualifikationsnachweis und Anerkennung der Pflegekasse haben, abrechnen.Dies ist auch in manchen Bundesländern möglich, bspw. können in NRW alle Pflegebedürftigen den Entlastungsbetrag bis zum 30.09.2020 mit Helfern, etwa aus dem Bekanntenkreis oder der Nachbarschaft abrechnen, auch wenn diese keinen Qualifikationsnachweis, der normalerweise vorgesehen ist, haben.
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    In Rheinland-Pfalz können ebenfalls Helfer ohne vorgeschriebene Schulung eingesetzt werden. Diese müssen allerdings bei einem offiziellen Anbieter von Angeboten zur Unterstützung im Alltag registriert sein.Für alle Pflegebedürftigen gilt jedoch, dass sie die nicht verbrauchten Entlastungsleistungen aus dem Jahr 2019 noch bis zum 30.09. nutzen nutzen können. Normalerweise verfallen die angesparten Entlastungsleistungen des Vorjahres am 30.06. des Folgejahres.
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    Das heißt also, die angesparten Entlastungsleistungen aus 2019 würden im Normalfall nach dem 30.06.2020 verfallen. Wegen der Pandemie verfallen sie aber erst nach dem 30.09.2020. Nachzulesen sind diese Regelungen in § 150 SGB XI.
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  4. Umnutzung der Pflegesachleistungen für private Helfer
    Nur wenn der Pflegebedürftige schon vor der Pandemie die Pflegesachleistungen genutzt hat und dies wegen der Corona-Pandemie jetzt nicht möglich ist, kann der monatliche Sachleistungsbetrag auch für die Unterstützung durch andere Helfer genutzt werden.
    Der Spitzenverband der Krankenkassen hat die dafür geltenden Voraussetzungen jedoch sehr streng gestaltet. Jeder Pflegebedürftige muss einen begründeten Antrag stellen, der im Einzelfall von der zuständigen Pflegekasse entschieden wird.
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  5. Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen zur Kurzzeitpflege nutzen
    Aufgrund der Pandemie und damit einhergehender Sicherungsmaßnahmen, wie etwa Quarantäne der Pflegeperson, hat der Gesetzgeber festgelegt, dass es bis zum 30.09.2020 möglich ist, Versorgungsengpässe in der Pflege durch eine Kurzzeitpflege in stationären Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen zu überbrücken.Um die Kurzzeitpflege in einer solchen Einrichtung in Anspruch zu nehmen, ist es bis zum 30.09.2020 nicht erforderlich, dass gleichzeitig eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation für eine Pflegeperson erbracht wird. Im Rahmen eines solchen Kurzzeitpflegeaufenthaltes besteht auch ein Anspruch auf einen höheren Zuschuss zur Kurzzeitpflege.
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  6. Aussetzung der Entscheidungsfrist und keine persönliche Begutachtung der Pflegebedürftigkeit
    Die Frist von 25 Arbeitstagen, innerhalb derer ein Antrag auf einen Pflegegrad der Bescheid vorliegen muss, wurde ausgesetzt. Ebenso finden bis zum 30.09.2020 keine persönlichen Begutachtungen durch den MDK statt.
    Näheres dazu erfahren Sie in diesem Artikel: Wichtige Änderungen durch die Corona-Krise
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  7. Zusätzliche Leistungen kurzzeitiger Arbeitsverhinderung
    Bisher haben Beschäftigte in einer akut auftretenden Pflegesituation die Möglichkeit, bis zu 10 Arbeitstage von der Arbeit fernzubleiben. Die Neuregelung sieht eine Inanspruchnahme von bis zu 20 Tagen vor. Voraussetzung ist, dass eine pandemiebedingte akute Pflegesituation besteht, die bewältigt werden muss. Sie erhalten während dieser Zeit auch Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung.
    Bereits genutzte Tage mit Pflegeunterstützungsgeld werden angerechnet.So soll Arbeitnehmern ermöglichrt werden, die Pflege zu Hause sicherzustellen oder neu zu organisieren, wenn bspw. wegen der COVID-19-Pandemie Tagespflegeeinrichtungen geschlossen wurden oder ambulante Pflegedienste nicht mehr in gewohntem Umfang arbeiten.
    Die Regelung ist bis 30. September 2020 befristet.
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  8. Familienpflegezeit und Pflegezeit wird flexibilisiert
    Beschäftigte, die gleichzeitig Pflegeaufgaben übernehmen, werden befristet bis zum 30. September die Möglichkeit erhalten, mit Zustimmung des Arbeitgebers Familienpflegezeit und Pflegezeit flexibler zu nutzen.
    Wer den gesetzlichen Rahmen für die Auszeiten (6 Monate Pflegezeit oder 24 Monate Familienpflegezeit) bisher nicht ausgeschöpft hat, soll kurzfristig Restzeiten der Freistellungen in Anspruch nehmen können. Die Gesamtdauer von 24 Monaten darf weiterhin nicht überschritten werden.
    Die Ankündigungsfrist gegenüber dem Arbeitgeber wird bei der Familienpflegezeit vorübergehend nur 10 Tage (statt 8 Wochen) betragen. Die Ankündigung in Textform genügt. Auch die Mindestarbeitszeit der Familienpflegezeit von 15 Wochenstunden kann vorübergehend unterschritten werden.Pandemiebedingte Einkommenseinbußen werden bei der finanziellen Förderung durch zinslose Darlehen nach dem Familienpflegezeitgesetz berücksichtigt. das heißt, das Darlehen nach dem Familienpflegezeitgesetz kann für die Monate mit pandemiebedingten Einkommensausfällen bei der Ermittlung der Darlehenshöhe unberücksichtigt bleiben. Hierfür ist ein Antrag erforderlich. Die Rückzahlung des Darlehens wird für die Betroffenen im Verwaltungsverfahren erleichtert.

Hinweis: Die Inhalte des Zweiten COVID-19 Bevölkerungsschutzgesetzes können Sie HIER herunterladen.

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Der Weg von Pflegegrad 2 in den Pflegegrad 3

…. ist zumindest für rein körperlich Erkrankte schwierig.

In letzter Zeit häufen sich bei mir die Anfragen wegen eines Widerspruchs von Pflegebedürftigen, die trotz erheblicher körperlicher Einschränkungen keinen Pflegegrad 3 erhalten haben.

Nun ja, es wundert mich ehrlich gesagt nicht. Denn bis 2016 wurden ja (angeblich) Demenzerkrankte  und psychisch Kranke bei der Begutachtung bzw. Zuordnung in eine Pflegestufe benachteiligt.
Ich fand nicht, dass dies der Fall war, denn man konnte argumentieren und den individuellen Fall darstellen. Zudem wurde die aktivierende Pflege, also die Beteiligung des Pflegebedürftigen, gefördert. Dies musste dann auch bewertet werden.
Insofern hatte ich damals in Widerspruchsverfahren nur wenige Probleme zu erreichen, dass die speziellen psychischen oder kognitiven  Einschränkungen von Pflegebedürftigen anerkannt wurden.

Heute, also seit 2017 ist das anders. Das Begutachtungsverfahren ist sehr starr ausgerichtet. Es lässt keinerlei Argumentationsspielraum. Eine aktivierende Pflege erscheint im Hinblick auf einen Pflegegrad eher schädlich. Vielmehr gilt: wer nicht ins Korsett passt, bekommt auch keines, selbst wenn er es benötigen sollte.

Im neuen Verfahren findet tatsächlich eine Benachteiligung statt. Denn die körperlich eingeschränkten Menschen haben es extrem schwer, in den Pflegegrad 3 eingestuft zu werden. Über den Pflegegrad 4 möchte ich da gar nicht erst sprechen.
Und ja, aufgrund der Starrheit des Verfahrens liegt jetzt eine echte Benachteiligung vor.

10 Jahre hat der Gesetzgeber für das neue Begutachtungsinstrument gebraucht. Was ist dabei herausgekommen?
Ein für Laien unverständliches System, das selbst Profis nur noch mit einem entsprechenden Programm berechnen können. Zudem hat eine neue Ungerechtigkeit die alte Ungerechtigkeit einfach nur abgelöst.
Leidtragende sind wie so oft bei uns die Schwachen und Hilfebedürftigen.

Manchmal bin ich wirklich ratlos, wie ich einem Menschen erklären soll, warum sein Hilfebedarf, der nicht berücksichtigt wurde, nicht zwangsläufig zu einem höheren Pflegegrad führt, wenn er denn berücksichtigt wird. Diese „Gewichtung“ der einzelnen Module ist einem Menschen, der Hilfe benötigt, nur schwer zu vermitteln.

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5 Irrtümer über Pflegegrade

Wenn es um einen Pflegegrad geht, dann gibt es viele – teilweise  kuriose – Informationen, die Hilfesuchende erhalten.

  1. Irrtum: Die gleiche Diagnose führt zum Anspruch auf den gleichen Pflegegrad.
    Nicht selten vergleichen sich Hilfebedürftige mit anderen Hilfebedürftigen und stellen dann fest, dass sie die gleiche Diagnose haben. Der vermeintlich logische Schluss ist dann, dass sie denken, auch den gleichen Pflegegrad erhalten zu müssen.
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    Tatsache: Über einen Pflegegrad entscheidet eine Diagnose nur nachrangig. Nicht jeder, der einen Schlaganfall hatte, hat auch die gleichen körperlichen Einschränkungen.
    Für den Pflegegrad ist nicht allein die zugrundeliegende Diagnose entscheidend, sondern entscheidend sind die Einschränkungen in der Selbstständigkeit, die daraus in festgelegten Bereichen, wie etwa der Körperpflege und Mobilität,  folgen.
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  2. Irrtum: Der Schwerbehindertenausweis hat Einfluss auf den Pflegegrad.
    Tatsache:
    Weder der Grad der Schwerbehinderung, noch eines der Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis haben eine Auswirkung auf den Pflegegrad.
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  3. Irrtum: Hauswirtschaftlicher Hilfebedarf führt zu einem Pflegegrad.
    Tatsache: Personen, deren Hilfebedarf überwiegend im hauswirtschaftlichen Bereich liegt, erhalten zumeist keinen Pflegegrad. Mit etwas Glück kann aufgrund der körperlichen Einschränkungen eventuell der Pflegegrad 1 erzielt werden.
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  4. Irrtum: Der Gutachter muss bei der Begutachtung alle Kriterien des Begutachtungsinstruments (NBA) dezidiert abfragen.
    Tatsache: Der Gutachter muss alle Kriterien des NBA bewerten und einschätzen. Wie er sich den persönlichen Eindruck allerdings verschafft, ist erst einmal seine Sache. Es gibt keine direkte Vorschrift, die besagt, dass der Gutachter den Fragenkatalog gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen komplett durchgehen müsste.
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  5. Irrtum: Die Pflegekasse kann den Pflegegrad unabhängig vom Gutachters bestimmen.
    Immer noch behaupten manche Gutachter, dass gar nicht sie den Pflegegrad bestimmen würden, sondern die Pflegekasse.
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    Tatsache: Das stimmt so nicht. Die Pflegekasse folgt in aller Regel der Empfehlung des Gutachters. Wenn sie von dieser Empfehlung abweicht, dann kann sie dies problemlos zu Gunsten des Versicherten machen, etwa wen die Punktzahl sehr nah an einem höheren Pflegegrad liegt.
    Würde sie zum Nachteil des Versicherten abweichen, würde dies für die Kasse Ärger bedeuten.
    Insofern kann man durchaus behaupten, dass der Gutachter den Pflegegrad bestimmt.
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Schon gewusst? Der Pflegegrad und die Begutachtungsfristen

Genau genommen hätte ich nicht gedacht, dass das Thema der Begutachtungsfristen noch aktuell ist. Leider zeigt sich aber, dass sich zumindest einige Pflegekassen nicht an der Begutachtungsfrist stören und ihren Versicherten munter mitteilen, dass es bis zur Begutachtung schon einmal sechs bis acht Wochen dauern könne, weil so viel zu tun sei.
was die Kassen bei ihren Gesprächen mit den Versicherten, bei denen sie auf die lange Dauer bis zum Bescheid hinweisen, jedoch geflissentlich vergessen, sind die eindeutigen Vorgaben des § 18 SGB XI.

Entscheidung innerhalb von 25 Arbeitstagen

In § 18 SGB XI ist einiges, für Versicherte Wissenswertes geregelt. Hier steht bspw., dass auf einen Antrag auf Feststellung oder Änderung eines Pflegegrades eine zeitnahe Begutachtung und Feststellung des Pflegeumfangs erfolgen muss. Die Entscheidung über den Leistungsanspruch soll spätestens innerhalb von 25 Arbeitstagen erfolgen.

Verkürzte Fristen

In bestimmten Situationen gelten sogar kürzere Fristen. Wenn sich der Antragsteller in einem Krankenhaus oder einer stationären Rehabilitationseinrichtung befindet und

  1. Hinweise vorliegen, dass zur Sicherstellung der ambulanten oder stationären Weiterversorgung und Betreuung eine Begutachtung in der Einrichtung erforderlich ist,
    oder
  2. die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber der pflegenden Person angekündigt wurde,
    oder
  3. mit dem Arbeitgeber der pflegenden Person eine Familienpflegezeit nach § 2 Absatz 1 des Familienpflegezeitgesetzes vereinbart wurde,

muss die Begutachtung unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Pflegekasse durchgeführt werden. Diese Frist kann durch regionale Vereinbarungen nur verkürzt werden.
Die verkürzte Begutachtungsfrist von einer Woche gilt auch dann, wenn der Antragsteller sich in einem Hospiz befindet oder ambulant palliativ versorgt wird.

Wenn der Pflegebedürftige Zuhause ist und nicht palliativ versorgt wird, der pflegende Angehörige aber die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz angekündigt oder Familienpflegezeit vereinbart hat, muss die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Pflegekasse erfolgen.

Der MDK hat zu viel zu tun

Die Argumentation der Pflegekassen, dass es sich mit der Entscheidung über den Antrag auf einen (höheren) Pflegegrad hinziehen kann, beinhaltet zumeist den Hinweis, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung so viel zu tun habe….

Auch hier bietet das Gesetz Abhilfe. Denn die Pflegekasse ist verpflichtet, wenn innerhalb von 20 Arbeitstagen ab Antragstellung keine Begutachtung erfolgt ist, dem Antragsteller mindestens drei unabhängige Gutachter zur Auswahl zu benennen.
Der Pflegebedürftige kann aus diesen drei Gutachtern einen Gutachter auswählen, der dann von der Pflegekasse auch eingesetzt werden muss.
Einzige Voraussetzung ist, dass der Antragsteller seine Entscheidung innerhalb einer Woche ab der er Kenntnis von den Namen der Gutachter erhalten hat, der Pflegekasse seine Entscheidung mitteilt. Verpasst der Versicherte diese Frist, kann die Pflegekasse einen Gutachter aus der übersandten Liste beauftragen.

Wenn gar nichts hilft, dann helfen Strafzahlungen

Wenn die Pflegekasse den schriftlichen Bescheid über den Antrag nicht innerhalb der vorgegebenen 25 Arbeitstage erteilt oder eine der verkürzten Begutachtungsfristen nicht einhält, muss sie nach Fristablauf für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung 70 Euro an den Versicherten zahlen.
Eine Ausnahme besteht allerdings: wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht zu vertreten hat oder wenn sich der Antragsteller in vollstationärer Pflege befindet und bereits bei ihm mindestens erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten (mindestens Pflegegrad 2) festgestellt wurde.
Diese Regelungen gelten übrigens auch für die privaten Kranken- und Pflegekassen, die die private Pflege-Pflichtversicherung durchführen.

So, und jetzt wissen Sie hoffentlich, wie Sie reagieren, wenn Ihnen Ihre Pflegekasse erklärt, das mit der Begutachtung könne aber dauern… 😉

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Was läuft denn falsch beim neuen Begutachtungssystem?

Irgendetwas muss falsch laufen, bei dem neuen Begutachtungssystem. Denn die meisten Widersprüche meiner Kunden im letzten und auch in diesem Jahr waren erfolgreich.

Das liegt nicht allein an meiner guten Argumentation – schön wär’s.
Nein, es läuft etwas falsch in den Begutachtungen.
Die Widerspruchsbegründungen bringen es ans Tageslicht: Gutachter erkennen Einschränkungen nicht, weil Demenzerkrankte in dem kurzen Zeitraum der Begutachtung hervorragende Fassaden der Normalität aufbauen und konfabulieren können. Oder die Gutachter übersehen Hilfebedarf, weil sie nicht wirklich genau hinschauen.
Doch von Gutachtern, die Pflegefachkräfte sind, müsste man erwarten, genau diese Sachverhalte zu erkennen. Tatsächlich begutachtet aber jeder Gutachter anders – es menschelt also weiterhin und das nicht immer zum Vorteil der Versicherten.

So lange die Gutachter der medizinischen Dienste nicht sachgerecht und patientenorientiert begutachten, erhalten mindestens 50 % der Hilfebedürftigen nicht die ihnen zustehenden Hilfen.
Und solange die Kassen ihre Versicherten nur halb aufklären, nutzen die richtig eingestuften Pflegebedürftigen nur einen Teil der Hilfen, die ihnen zustehen.
Dabei mag es sein, dass die Kassen ihrer Informationspflicht formal (durch Briefe, mit Buchstabenlawinen) nachkommen, aber Beratung – also Aufklärung über Ansprüche muss anders aussehen.

Deshalb möchte ich hier noch einmal ausdrücklich dazu aufrufen, sich gegen falsche Entscheidungen der Kassen zu wehren:

  • Lassen Sie das Einstufungsgutachten von einem Profi prüfen, wenn Sie unsicher sind, ob der Pflegegrad tatsächlich der richtige ist.
  • Bestehen Sie auf einer persönlichen Pflegeberatung. Lassen Sie sich bei vorhandenem Pflegegrad nicht abwimmeln, wenn der Sachbearbeiter Ihrer Kasse behauptet, sie müssten dazu einen Höherstufungsantrag stellen. Sie und Ihre Angehörigen haben Anspruch auf eine Pflegeberatung, auch ohne Höherstufungsantrag.
  • Wehren Sie sich, auch mit einem Widerspruch, wenn Sie feststellen, dass Entscheidungen der Kranken- und Pflegekasse falsch sind. Sie sind Versicherter und kein Bittsteller!

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Schon gewusst? Zusätzliche Zahn-Vorsorgeuntersuchung für Demenzerkrankte

Seit dem 01. Juli dieses Jahres haben Demenzerkrankte Anspruch, auf zusätzliche Vorsorgemaßnahmen beim Zahnarzt, die die Krankenkasse bezahlt.

Voraussetzung nach § 22 a SGB V ist jedoch, dass mindetsens Pflegegrad 1 vorliegt, oder dass der Erkrankte Leistungen der Eingliederungshilfe erhält.

Zu den Vorsorgemaßnahmen gehört die  Erhebung des Mundgesundheitsstatus und die Erstellung eines Plans zur Mund- und / oder Prothesenpflege, sowie die Aufklärung über die richtige Zahn- und Prothesenpflege, sowie Mundhygiene. Ebenfalls gehört zur Leistung, dass harte Zahnbeläge entfernt werden.
Die Pflegeperson soll vom Zahnarzt in die notwendigen Aufklärungsgespräche einbezogen werden.

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Der Bestandsschutz und die Märchenerzähler*innen

Es ist traurig. Zwar ist das Internet ein tolles Informationsmedium, aber leider sind die Informationen, die man so findet, nicht geprüft. Jeder, der sich berufen fühlt, kann informieren – auch falsch, wenn er oder sie es nicht besser weiß. Und so kommt es zu den absurdesten Behauptungen, die zu Verunsicherung führen. Auch – und hier möchte, nein muss ich mich einmischen – im Bereich der Pflegeversicherung.

Nicht jede und jeder die oder der sich Pflegeberater*in nennt, arbeitet mit dem notwendigen Wissen. Einige nutzen für die Informationen, die sie weitergeben Halbwissen und andere wissen gar nichts und stellen einfach falsche Behauptungen auf. Das führt zu Verunsicherung. Leider bei denen, die diese Verunsicherung gar nicht brauchen können: den pflegenden Angehörigen und den Pflegebedürftigen.

Zwar habe ich bereits im Juni einen Beitrag zur Klärung des Bestandsschutzes veröffentlicht, aber scheinbar sind diese Informationen noch nicht weit genug getragen worden. Deshalb hier noch einmal zu den Behauptungen, die mir zu Ohren (oder unter die Augen) gekommen sind und deren Richtigstellung:

  • Der Bestandsschutz ist bis zum 31.12.2018 befristet.
    FALSCH!
    Der Bestandsschutz für übergeleitete Pflegestufen in Pflegegrade besteht lebenslang. Er erlischt nur dann, wenn keine Pflegebedürftigkeit mehr besteht.
    Das heißt, wenn der Hilfebedarf unterhalb des Pflegegrades 1 liegt.
    Wer also in den Pflegegrad 4 übergeleitet wurde und irgendwann in den Pflegegrad 1 eingestuft wird, erhält weiterhin die Leistungen des Pflegerades 4.
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  • Wer eine Höherstufung erhielt, kann danach auch unter den übergeleiteten Pflegegrad heruntergestuft werden.
    FALSCH!
    Niemand muss Angst haben, einen Höherstufungsantrag zu stellen. Wer höhergestuft wird und bei einer späteren Begutachtung wieder heruntergestuft wird, behält die Leistungen aus dem übergeleiteten Pflegegrad, wenn er mindestens die Bedingungen des Pflegegrades 1 erfüllt.
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  • Wer nach der Überleitung zweimal begutachtet wurde, verliert den Bestandsschutz.
    FALSCH!
    Der Bestandschutz bleibt unabhängig von der Anzahl der Begutachtungen nach der Überleitung erhalten.
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  • Der lebenslange Bestandsschutz gilt nicht für Kinder.
    FALSCH!
    Kinder sind vom Bestandsschutz nicht ausgenommen. Die Regelung „lebenslang, außer es besteht kein Hilfebedarf im Sinne des Gesetzes mehr„, gilt ausnahmslos, also auch für Kinder.
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Wer Informationen von solcher Tragweite im Internet sucht, sollte wirklich zweimal hinschauen, auf welche Aussagen er oder sie sich verlässt. Entweder sollten die Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit genutzt werden, oder ausgewählte Seiten von Profis, die sich aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung wirklich auskennen.

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